DeepTalk
WUT
erkennen und durch sie wachsen
Oktober 2023
Aufbauend auf dem Thema des letzten DeepTalk Beitrags Abgrenzung – Konstruktiver Umgang mit negativen Fremdeinflüssen geht es diesen Monat um Wut. Auch wenn sich einige unter noch nicht bewusst darüber sind, Wut steckt in uns allen. Was viele nicht wissen ist, dass hinter Wut meistens ein großer Schmerz und/oder Hilflosigkeit bzw. Ohnmacht stecken. Außerdem birgt Wut eine Unmenge an Energie. Wer nicht gelernt hat mit seiner Wut umzugehen, sie ständig (unbewusst) unterdrückt , der schadet nur sich selbst. Denn es kostet eine enorme Kraft, die Wut zu unterdrücken, da sie -wie schon erwähnt – eine starke Energie ist. Dieses Potential wollen wir erkennen, ausleiten und ihre Weisheit für unsere persönliche Entwicklung nutzen, anstatt es mit einem hohen Kraftaufwand – und damit Energieverlust – zu unterdrücken.
Ich wünsche dir viel Spaß und tiefe Erkenntnisse beim Lesen. Mögest du die Wut in dir als das erkennen, was sie in Wirklichkeit ist und sie als Energiequelle für Vitalität und Lebendigkeit nutzen.
>> Vor Kurzem habe ich mir nun schon zum dritten Mal den animierten Film „Alles steht Kopf“ (Originaltitel: Inside Out) von Pixar aus dem Jahre 2015 angesehen und stellte fest, dass, abhängig von meiner persönlichen Entwicklung, meine Wahrnehmung der Filminhalte jedes Mal eine andere – tiefere – ist. Kurz gefasst geht es im Kern um: GEFÜHLE. Genauer gesagt um: FREUDE, ANGST, ECKEL, KUMMER und….natürlich: WUT. Diese werden in Form von sich farblich unterscheidenden Fantasiefiguren dargestellt, die im Kopf eines jeden Menschen, in der sogenannten „Zentrale“ an einer Bedienkonsole sitzen und verantwortlich für die Bewertung von Wahrnehmungen und das Schalten von Reaktionen (über die Bedienknöpfe) sind. Aus meiner Sicht ist dieser Film außerordentlich gut tiefenpsychologisch durchdacht und enthält unglaublich wertvolle Botschaften – nicht nur für Kinder. Nach „Herr der Ringe“ ist dieser Film in meiner persönlichen Favoritenliste auf Platz Nummer 2, weil er einfach so viel Weisheit enthält. Nun, unter den Gefühlen gibt es in der Zentrale ein Oberhaupt, welches im Wesentlichen das Kommando hat. Dieses Oberhaupt unterscheidet sich im Film bei den Hauptdarstellern: Bei der Hauptperson, der kleinen Riley ist es beispielsweise Freude, bei ihrer Mutter ist es Kummer und bei ihrem Vater ist es Wut. Interessanterweise haben mich persönlich in jedem Menschen die Wut-Figuren am meisten angesprochen – ich habe sie sogar total gefeiert und musste viel über ihre Eigenarten lachen. Ein Zufall? Nein. Auch ich habe in den letzten Jahren viel über meine eigene Wut erfahren dürfen und bin bis zum heutigen Tage bezüglich meiner Wut noch mitten im Prozess.
Dennoch fühle ich mich in der Lage, meine bisherigen Erkenntnisse und EINsichten mit dir zu teilen. Viele Menschen fragen mich, woher ich dieses „Strahlen“ habe. Mittlerweile gehe ich davon aus, dass ein Großteil dieses Strahlens von der freigewordenen Energie herrührt, die ich durch den veränderten Umgang mit meiner eigenen Wut überhaupt erst freisetzen konnte. Wie du beim Lesen gerade sicherlich erkannt hast, bedeutet das nicht, dass ich komplett frei von Wut bin. Das ist auch nicht mein Ziel. Mein Ziel ist es, mir selbst meine Wut zu erlauben und sie dabei weder gegen mich noch gegen andere Menschen oder Situationen im außen zu richten. Das bedeutet konkret, sie in ihrer reinen Form durch mich hindurch und aus meinem Energiesystem zu bewegen. Bevor dies jedoch möglich ist, ist es wichtig, die Wut überhaupt erst einmal erkennen zu können. Wer die Wut nicht erkennt, der läuft Gefahr, dass sie in den Tiefen seines Unterbewusstseins ihr Unwesen treibt und mehr und mehr Raum einnimmt. Sie will ja raus, kann aber nicht. Es kann sogar soweit kommen, dass sie einen wortwörtlich „von innen auffrisst“. Sie kann ausarten. Vor über 10 Jahren, als ich meine Wut noch nicht kannte, war auch ich an solch einem Punkt der Ausartung meiner Wut: Panikattacken waren die Folge – das Symptom – meiner unterdrückten und nicht erkannten, d. h. unbewussten, Wut. Sie ist in mir so stark geworden, dass sich mein System überlegt hat, sie in Form einer Panikattacke herauszubewegen. Die Idee dahinter: "So kann ich niemanden schaden". Erst durch professionelle Reflexionsarbeit konnte ich diesen Mechanismus erkennen und die Panikattacken hatten ein sofortiges Ende, wie von Zauberhand… Panikattacken können natürlich viele weitere Ursachen haben, aber im Kontext zu diesem DeepTalk Artikel, wo es um Wut geht, kann unterdrückte und unbewusste Wut eine mögliche Ursache von Panikattacken sein.
Nun wollen wir uns anschauen, was die Wut so lange unbewusst halten kann. Bei den folgenden Punkten kannst du gerne einmal für dich selbst überprüfen, welche Strategie in deinem System vorhanden, also konditioniert worden ist, mit deiner Wut umzugehen. Als ein wertvoller Türöffner dient vorab jedoch eine Frage:
Wie ist in deiner Kindheit (ca. bis einschließlich zum 6. Lebensjahr) mit deiner Wut umgegangen worden?
- Ignoranz (es wird einfach nicht drauf eingegangen, du wurdest weggeschickt oder alleine gelassen)
- Bestrafung (Hausarrest, Entzug von Dingen, die dir lieb waren bis hin zu emotionaler oder gar körperlicher Gewalt)
- Ablenkung (z.B. durch Süßigkeiten, Fernsehschauen, Spielzeug, etc.)
- …
…oder aber:
- Ehrliches Interesse
Da der Mensch von Grund auf sehr bequem ist und sich gerne den leichtesten Weg aussucht, ist es am wahrscheinlichsten, dass wohl eher die ersten Punkte von den Bezugspersonen (meistens Eltern), als Strategie angewendet wurden. Wer aber das Glück hatte, dass wirklich ehrliches Interesse gegenüber der Wut gezeigt wurde, für den oder die freue ich mich von Herzen! Willkommen in einer neuen, bewusste(re)n Welt.
Es bringt an dieser Stelle jedoch nichts, den „Sündenbock“ zu suchen. Denn folgendes ist wichtig, über Wut zu wissen:
Du kannst nur so mit Wut im außen umgehen, wie du mit deiner eigenen Wut umgehen kannst.
Das heißt, wenn Eltern nicht in der Lage sind, mit der Wut ihrer Kinder konstruktiv umzugehen, so sind sie meistens mit ihrer eigenen, innewohnenden Wut überfordert. Wollen wir uns nun um das Erkennen der Wut kümmern – unabhängig davon, was unsere Vergangenheit für Geschichten erzählt. Ich klammere die Vergangenheit nicht aus, im Gegenteil: Wer in der Gegenwart Themen hat, wie zum Beispiel Wut, der kann sicher sein, dass er die Vergangenheit zu seinem JETZT gemacht hat. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wir unabhängig von den damals Beteiligten Menschen, Orten und Situationen, HEUTE immer noch einen neuen Weg gehen können. Das ist das Schöne an Persönlichkeits-ENT-wicklung. Manchmal ist dafür professionelle Hilfe notwendig (zum Beispiel Therapie oder Coaching). Je mehr du dich aber ENT-wickelst (also befreist von limitierenden Prägungen, Konditionierungen, Glaubenssätzen usw.), desto mehr kannst du es auch alleine – oder zumindest nur noch mit Hilfe von reflektierenden Gesprächen mit wirklich ehrlichen und authentischen Menschen aus deinem sozialen Umfeld schaffen, Themen anzugehen und aufzulösen bzw. zu integrieren.
Wie du Wut in dir über den Körper erkennen kannst:
- Herzrasen
- Zitternde Hände
- Schneller Atem
- Schweißausbrüche
- Aktionslust (etwas tun MÜSSEN)
- Anspannung (z.B. Arme, Beine, Bauch, Rücken/Schultern/Nacken, oft auch Kiefermuskulatur)
- Scheinbarer Verlust der „Bodenhaftung“ (Abheben)
- Innerer Druck (Vulkan)
- Starkes Hitzegefühl
- Einen roten Kopf bekommen
Auch folgende Redewendungen können zutreffen und beim Erkennen helfen:
- Rasend werden.
- Zur rasenden Wildsau werden.
- Hochkochen
- Wutentbrannt sein.
- Vor Wut kochen/brennen.
- Zur Weißglut „gebracht“ werden.
- Gleich schlägt’s Dreizehn.
- Usw. ...
Wie wäre es, wenn du deine Wut – erst einmal für dich selbst – laut beim Namen nennst, wenn sie das nächste Mal in Erscheinung tritt?
Ich bin wütend.
Nicht mehr und nicht weniger. Nicht: „Du machst mich wütend!“ oder „Das macht mich wütend!“, sondern einfach nur:
Ich BIN wütend.
Das wäre der erste Schritt. Danach kannst du einen Schritt weitergehen. Am Anfang ist es hilfreich, dich von der auslösenden Person oder Situation auch physisch zu entfernen – denn meistens beeinflusst diese unsere inneren Vorgänge unbewusst. Frage dich in einem ungestörten Umfeld, wie sich deine Wut eigentlich anfühlt und ERLAUBE dir, sie einmal wirklich in ihrer reinsten Form einfach nur zu fühlen. Bleibe dabei im Zustand des Beobachters, werte sie nicht und reagiere auch nicht sofort auf sie.
Wo steckt die Wut in meinem Körper fest?
Aus energetischer Sicht entspringt Wut im unteren Bereich (1. Chakra) unseres Körpers, im Bereich des Perineums. Ohne innere Widerstände und Blockaden würde sie sich ungehindert über die Energiebahnen nach oben hinbewegen und über den Halsbereich (5. Chakra) zum Ausdruck kommen – in welcher Form auch immer (verbal, nonverbal, etc.). Im Falle von unterdrückter Wut kann sie jedoch nicht (ausreichend) kanalisiert werden und sitzt fest. Je nach Grad der persönlichen Entwicklung, bleibt sie dann irgendwo auf der Strecke stecken, spätestens im Hals (5. Chakra) - der Hals schnürt sich zu. Oft wird sie aber auch auf Magenhöhe (3. Chakra) blockiert, da es hier u.a. um Nein-Sagen, Macht/Ohnmacht und Kontrolle geht. Das System sagt „NEIN, du kommst hier nicht weiter!“. Sie kann aber auch im Bereich des Unterbauchs (2. Chakra) festhängen, wo wir uns für unsere Wut schämen und schuldig fühlen. Es kann aber auch sein, dass sie sich überhaupt nicht bewegen kann und einfach im Bereich des Perineums (1. Chakra) stecken bleibt - manche erstarren, kämpfen oder flüchten hier, weil es scheinbar ums Überleben geht. So kommt es, dass wir uns – unabhängig davon, wo sie nun genau feststeckt - von ihr abspalten und das Gefühl haben können, „den Boden unter den Füßen zu verlieren“, weil wir dann alles unterhalb der Blockade (des Widerstands) nicht mehr wahrnehmen – wenn die Unterdrückung aktiviert ist. Dieser Widerstand gegen unsere Wut kostet uns sehr viel Kraft – und damit wertvolle Lebensenergie. Alle Aufmerksamkeit ist – wenn auch nur unbewusst – auf den Widerstand gerichtet, um ja nicht die Wut hochkommen zu lassen. Doch bedenke:
Wenn du dich von deiner Wut abspaltest, spaltest du dich von einem Teil von dir ab.
Erlaubst du dir aber, sie zu fühlen und gehst bewusst auf sie ein, kann sie dir ein weiser Freund, Helfer und Schützer werden, der dich auf zum Beispiel Ungerechtigkeit hinweist und dich vor schmerzhaften Situationen bewahrt, welchen du scheinbar hilflos ausgeliefert bist. Paradoxerweise bist du in dem Moment, in welchem du deiner Wut erlaubst, zum Ausdruck zu kommen und für dich einzustehen, bereits nicht mehr hilflos. Ich habe es selbst mehrmals erlebt, wie nach dem Ausleiten meiner Wut auf einmal ein unglaublich trauriger und verletzter Anteil von mir erschienen ist. Wie aus dem Nichts ist dieser nach vorne getreten und zeigte sich meinem Bewusstsein. Wo die Wut noch tausende von Worte bereit zum Abschuss in den Startlöchern bereithielt, hatte dieser Anteil kein einziges Wort für mich. Das brauchte er auch überhaupt nicht. Alles, was hier zu tun war, war diesen Anteil bedingungslos – nach einer gefühlten Ewigkeit – endlich in meinen Arm zu nehmen und nach Hause zu holen. Das ist bereits der dritte Schritt, in welchem du das erkennst, was hinter der Wut verborgen liegt. Das ist der Anteil in dir, den du irgendwann verloren hast. Indem du ihn integrierst, findet wahres Wachstum und Entwicklung statt.
Hier noch einmal die drei Schritte zusammengefasst:
- Schritt 1: Den Zustand der Wut erkennen und kommunizieren – Werde dir bewusst über deine Wut, wann immer sie ausgelöst wird und sprich aus, dass du wütend BIST.
- Schritt 2: Die Wut in ihrer Reinheit fühlen und ihr erlauben, sich nach außen zu bewegen – Richte deine Aufmerksamkeit nach innen und fühle in deine Wut hinein. Wo steckt sie in deinem System fest? Wie viel Raum nimmt sie ein? Warum ist sie wirklich da? Worüber beschwert sie sich? Hilf ihr und öffne deine inneren Tore, damit sie raus kann (Achtung: Auf Bewusste Kommunikation achten)
- Schritt 3: Beobachte, welcher Anteil sich nach dem Sturm zeigt und NIMM IHN AN
Natürlich wirst du einige Male diesen Prozess durchlaufen müssen, bis du wirklich sattelfest im konstruktiven Umgang mit deiner Wut bist. Auch ich darf hier noch viel am Feinschliff arbeiten. Vor allem bei Schritt Nummer 2. Es ist wirklich nicht einfach, die Wut bewusst auszuleiten – vor allem in Anwesenheit von Personen oder Situationen, die diese Wut ausgelöst haben. Ich bin vom Typ her eher diejenige, die zur „rasenden Wildsau“ wird, aber auch diese Verhaltensweise hat sich schon gebessert: Wo ich früher doch tatsächlich aggressiv geworden bin, renne ich heute „nur“ noch im Zimmer auf und ab und fange im Worst Case zu Schreien an. Ja richtig gelesen, ich bin noch nicht an meinem persönlichen Endziel angekommen, ich bin nicht perfekt und das ist okay so. Aber ich verletze niemanden mehr – sei es verbal oder nonverbal (Hurt people hurt people...). Auch die umliegenden Gegenstände müssen nicht mehr meine Energie abfangen und ihre Zerstörung fürchten. Gerade bin ich an dem Punkt des Prozesses angelangt, wo ich der Wut einfach eine Daseinsberechtigung erteile und sie offen, ehrlich und ohne auf ein Ziel gerichtet zeige. Das ist wirklich ein großer Fortschritt. Gleichzeitig bin ich froh, dass mein Körper diese krasse Energie damals nicht abfangen musste (zum Beispiel in Form von Krankheiten als Symptom), wenn ich sie nicht hätte nach außen bewegen können. Es hätte mich wahrscheinlich zerfressen...
Wenn du dich ebenfalls an diesem Punkt befindest, wo du noch etwas holprig im „nach außen bewegen deiner Wut“ bist, dann habe ich hier meine - im wahrsten Sinne des Wortes - BRAND-neuesten Strategien für dich, die dir dabei helfen, deine Wut zu Hause sicherer ausleiten zu können:
- Definiere einen genauen Ort oder Bereich in deinem zu Hause, in welchem du wütend sein darfst (Aus energetischer Sicht idealerweise Garten/Balkon/Terrasse, da hier die Wutenergien nicht in den Wänden gespeichert werden und von der umliegenden Natur transformiert werden können. Solltest du aber innerhalb von vier Wänden diesen Bereich definieren, so sorge dafür, dass dieser regelmäßig energetisch gereinigt wird).
- Teile deinem Umfeld dein Vorhaben mit und zeige ihnen den definierten Bereich, somit gibst du ihnen die Möglichkeit, aus dem Bereich auszutreten und sich sicher zu fühlen, ohne dabei den Raum zu verlassen
- Optional: Definiere darüber hinaus auch einen Bereich, indem nur das wahrnehmende Bewusstsein (der/die Beobachter_in) in dir anwesend sein und agieren darf. Kommuniziere auch das mit deinen Mitbewohnern.
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob es funktioniert, den neutralen Beobachter sozusagen als Dolmetscher für die Wut einspringen zu lassen, vor allem wenn Schritt Nummer drei noch nicht vollständig durchlaufen wurde. Bedenke, dass für unterschiedliche Themen sich immer wieder neue Anteile in dir zeigen können, die der Annahme und Integration bedürfen. Das bedeutet, dass es sein kann, dass der Prozess für neue Themen auch wieder neu durchlaufen werden muss. Ich gehe davon aus, dass wenn Schritt Nummer 3 pro Thema einmal wirklich abgeschlossen ist, der neutrale Beobachter durchaus in künftigen Trigger-Situationen als Dolmetscher fungieren kann. Dann aber nicht mehr für die Wut, sondern direkt für den verletzten Anteil. Hier ist Bewusste Kommunikation dann auch wieder wesentlich einfacher anzuwenden, da bin ich mir ganz sicher. Das habe ich selbst so erfahren dürfen, aber bei Wut ist es mir bisher noch nicht gelungen.
Nun wünsche ich dir viel Mut, wenn du dich entschlossen hast, dich mit deiner Wut auseinander zu setzen. Kraft brauche ich dir in diesem Fall keine wünschen, denn diese wird schon in dem Moment frei, in welchem wir aufhören, unsere Wut zu unterdrücken. <<
In Liebe, deine